11. Januar 2024
Zu den bedeutendsten Anwendern der auf der Umwelttechnologiemesse IFAT Munich 2024 präsentierten Produkte und Verfahren gehören die Kommunen. Neue Herausforderungen, Chancen und Lösungen sorgen bei Städten und Gemeinden zudem für hohen Informations- und Diskussionsbedarf.
Vom 13. bis 17. Mai 2024 versammelt die IFAT Munich die weltweite Umwelttechnologiebranche wieder an einem Ort. Die Aussteller auf dem Münchener Messegelände werden dann erneut ihre aktuellen Produkte, Verfahren und Dienstleistungen aus den Bereichen Wasser- und Abwasser- sowie Abfall- und Rohstoffwirtschaft der Fachöffentlichkeit vorstellen. Bei vielen gehören Städte und Gemeinden mit ihren vielfältigen umweltrelevanten Aufgaben zum zentralen Kundenkreis. So stehen Kommunen zum Beispiel bei der Trinkwasserversorgung vor der Dauerherausforderung, Menge und Qualität zu sichern, die infrastrukturellen Werte zu erhalten sowie potenzielle Gefahren für Gesellschaft und Umwelt abzuwenden – und dies alles zu angemessenen Kosten. Dazu passend bietet der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) auf der Münchner Weltleitmesse drei Lösungstouren unter den Titeln „Innovative Technologien zur Zustandsbewertung von erdüberdeckten Rohrleitungen“, „Schutz kritischer Infrastrukturen in der Trinkwasserversorgung“ und „Erhöhte Wassertemperatur im Verteilnetz“ an. Am Messestand des Vereins erläutern Impulsvorträge zunächst das jeweilige Problem, bevor geführte Rundgänge die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu korrespondierenden Austellerlösungen führen.
Im Juni 2023 trat in Deutschland die neu gefasste Trinkwasserverordnung in Kraft, die maßgebliche Inhalte der EU-Trinkwasserrichtlinie aus dem Jahr 2020 umsetzt. Unter den neuen und geänderten Grenzwerten spielen die toxikologisch relevanten per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen – kurz PFAS – eindeutig die wichtigste Rolle. Wasserversorger müssen PFAS gegebenenfalls mit hohem technischem Aufwand herausfiltern. „End-of-Pipe-Ansätze sind jedoch keine Lösung. Die Herstellung und Anwendung von PFAS muss auf wenige essenzielle Zwecke beschränkt sein. Ziel muss eine Vermeidung dieser Stoffe bereits an der Quelle der Verschmutzung sein. Diese Stoffe dürfen gar nicht erst in die Umwelt gelangen“, sagt Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW. Der Verein nimmt dies zum Anlass, auf der IFAT Munich im Rahmen seines Veranstaltungsformats „TechLIFT“ neue technologische Ansätze zur Behandlung von PFAS-haltigen Wässern zu präsentieren und mit einer Expertenjury zu diskutieren.
„Auch in der Abwasserwirtschaft ist die Liste der Herausforderungen für Kommunen lang“, betont Dr. Friedrich Hetzel. Als Beispiele nennt der Leiter der Abteilung Wasser- und Abfallwirtschaft bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) die Abscheidung von Phosphor aus Abwasser und Klärschlamm, die durch die Novellierung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie zu erwartenden niedrigeren Grenzwerte für Nährstoffe wie Phosphor im Ablauf von Kläranlagen, die Entfernung von Spurenstoffen aus dem Wasserkreislauf und die Mischwasserüberläufe.
Getrieben von den Folgen des Klimawandels gehört nach seiner Einschätzung zudem eine wasserbewusste Stadtentwicklung auf der kommunalen Agenda ganz weit nach oben. „Ein zentraler Punkt ist dabei der intelligente Umgang mit Regenwasser, besonders im Rahmen von Extremereignissen. Gefragt sind Lösungen, die helfen, deren Folgen zu bewältigen oder durch geeignete technische Maßnahmen im Vorfeld zu minimieren“, so Hetzel. Die DWA bietet auf der IFAT Munich speziell für den öffentlichen Sektor in Zusammenarbeit mit dem DVGW und dem Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU) den Tag der resilienten Kommunen am Donnerstag, den 16. Mai, sowie diverse Lösungstouren an.
Wie die Gesellschaft insgesamt, so sind selbstverständlich auch Städte und Gemeinden aufgerufen, sich mit den Chancen und Risiken des Megathemas Digitalisierung auseinanderzusetzen. Beispielsweise veranstaltet der VKU unter dem Titel „KI: Detektionssysteme und Wertstoffscanner – Wie viel KI braucht die Abfallwirtschaft?“ auf der Forumsbühne eine Podiumsdiskussion. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob sich KI wirklich eignet, den Ressourcenverbrauch zu minimieren und die Qualität der einzelnen Sammelfraktionen im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu steigern.
Die öffentlichen Ver- und Entsorgungswirtschaft gehört ferner zu den kritischen Infrastrukturen (KRITIS). „Seit Jahren steigt hier die physische und virtuelle Bedrohung. Diese Dienstleistungen zu schützen, ist von essentieller Bedeutung“, unterstreicht VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. Auf der Forumsbühne zeigt der Verband, welche gesetzlichen Pflichten KRITIS-Betreiber schon jetzt und vor allem in Zukunft erfüllen müssen.
Den Blick in die Zukunft richtet auch die VKU-Lösungstour „Abfalllogistik 2035“. „Abfalllogistik wird eine entscheidende Rolle im Ressourcenmanagement spielen, indem sie Abfall minimiert, wertvolle Ressourcen erhält und somit die Umweltauswirkungen verringert“, ist sich Hasenkamp sicher. Nach einem Vortrag werden die Messebesucherinnen und -besucher zu ausgewählten VKU-Mitgliedsunternehmen geführt, wo sie mehr über die aktuellen Entwicklungen erfahren.
„Bei den Kommunalfahrzeugen und -geräten sind nach wie vor der Einsatz von alternativen Antrieben, vor allem Wasserstoff- und Batterielösungen, sowie der Aufbau der erforderlichen Ladeinfrastruktur zentrale Themen“, sagt Burkard Oppmann, Präsident des Verbands der Arbeitsgeräte- und Kommunalfahrzeug-Industrie e.V. (VAK). Zu diesen und weiteren Themen wird der VAK auf der IFAT Munich 2024 erstmals an jedem Messetag eine 45-minütige Podiumsdiskussion mit Branchen-Expertinnen und -Experten durchführen. Dabei wird es unter anderem um eine emissionsfreie Kommunalfahrzeugindustrie und Kommunalwirtschaft, die Förderung der CO2-freien Entsorgung und die Berufskraftfahrerqualifikation gehen.
Welche Rolle kann der Wasserstoff in der kommunalen Kreislaufwirtschaft spielen? Dieser Frage widmet sich eine Spotlight Area. Dabei wird sich laut deren Organisatoren – dem DVGW und dem Zentrum Wasserstoff.Bayern (H2.B) – zeigen: Sowohl bei der Erzeugung als auch der Nutzung des klimafreundlichen Energieträgers und seiner Nebenprodukte gibt es interessante Anknüpfungspunkte. Zum Beispiel: Die in Müllheizkraftwerken und Biogasanlagen gewonnene Energie kann zur CO2-neutralen Wasserstoffgewinnung dienen. Bei der Elektrolyse von Wasser entsteht neben Wasserstoff auch Sauerstoff, mit dem sich Klärbecken effektiv belüften lassen. Methan aus der Klärschlammbehandlung oder auch Kunststoffabfälle lassen sich zu Wasserstoff sowie landwirtschaftlich oder industriell nutzbarem Kohlenstoff aufbereiten. Und dass erste Müllsammelfahrzeuge schon mit Wasserstoff fahren, wurde ja im Vorangegangenen bereits erwähnt.