Chemisches Recycling: Schlüsseltechnologie der Kreislaufwirtschaft
Chemisches Recycling gilt als vielversprechende Ergänzung zum werkstofflichen Kunststoffrecycling. Es erlaubt die Aufbereitung bislang schwer verwertbarer Abfälle zu hochwertigen Rohstoffen. Lesen Sie hier einen aktuellen Überblick über Potenziale, Hindernisse und technische Lösungen.
Was ist chemisches Recycling?
Der Begriff „chemisches Recycling“ fasst verschiedene Verfahren zur Verwertung von Kunststoffabfällen zusammen, bei denen die chemische Struktur des Materials verändert wird. Die Polymerketten werden dabei mit verschiedenen Methoden bis hin zu Monomeren (mittels Depolymerisation) oder chemischen Grundbausteinen (mittels Pyrolyse oder Gasifizierung) aufgespalten. So entstandene Sekundärrohstoffe können von der chemischen Industrie für verschiedene Zwecke eingesetzt werden – zum Beispiel für die Produktion neuer Kunststoffe, die die gleiche Qualität wie Neuware aufweisen.
Aktuelle Marktdimension und Entwicklungspotenzial
Von den jährlich 5,7 Millionen Tonnen Kunststoffabfällenin Deutschland werden laut Nationaler Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) aktuell rund 64 Prozent energetisch verwertet und 35 Prozent recycelt, ganz überwiegend mit werkstofflichen Verfahren. Der Anteil des chemischen Recyclings ist mit ca. 10.000 Tonnen bislang gering – wie das Marktforschungsunternehmen Conversio ermittelt hat.
Das dürfte sich bald ändern: Dem europäischen Kunststofferzeugerverband PlasticsEurope zufolge wollen seine Mitgliedsunternehmen bis zum Jahr 2030 etwa 8 Milliarden Euro in das chemische Recycling investieren. Mit den dann verfügbaren Anlagen sollen jährlich rund 3,4 Millionen Tonnen chemisch rezyklierter Kunststoff hergestellt werden können – im Vergleich zu etwa 0,1 Millionen Tonnen im Jahr 2023.
(...) Chemisches Recycling soll ergänzend nur dann zum Einsatz kommen, wenn keine Möglichkeit einer werkstofflichen Verwertung besteht oder wenn zum Beispiel hohe Standards für das Endprodukt gefordert sind. (...)
Rückenwind aus der Politik
Auch die Bundesregierung sieht im chemischen Recycling einen wichtigen Baustein für die Kreislaufwirtschaft. Laut Koalitionsvertrag (CDU/CSU + SPD, Frühjahr 2025) wird es in die bestehende Abfallhierarchie eingefügt.
Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie betont dabei: Wegen ihres Energiebedarfs sollen chemische Verfahren bevorzugt dann eingesetzt werden, wenn werkstoffliches Recycling nicht möglich ist oder besonders hohe Anforderungen an das Endprodukt bestehen – etwa bei Lebensmittelverpackungen oder Hygieneartikeln.
Innovationskraft aus der Industrie: Zwei Beispiele
Auf der IFAT Munich 2024 bot unter anderem die Spotlight Area des VDMA einen umfassenden Einblick in den Stand des chemischen Recyclings. Hier zwei exemplarische Technologien und Akteure:
1. Das ChemCycling-Projekt von BASF
Bei dem seit dem Jahr 2018 bei BASF laufenden Projekt ChemCycling beliefern Entsorger die Technologiepartner des Chemiekonzerns mit dem Inputmaterial. Aus gemischten Kunststoffabfällen wird bei den Unternehmen Viridor (zuvor Quantafuel) und Arcus durch einen thermo-chemischen Prozess Pyrolyseöl erzeugt, während die Firmen Pyrum und New Energy auf die Pyrolyse von Altreifen spezialisiert sind. Das Pyrolyseöl wird gereinigt und als Rohstoff am Beginn der BASF-Verbundproduktion eingesetzt. Unter dem Namen Ccycled entstehen zertifizierte Produkte, die von BASF-Kunden bereits in verschiedenen Industrien wie (Lebensmittel-)Verpackung, Medizin, Textil und Automobil eingeführt wurden.
Gewaschener Feedstock senkt die nachfolgenden Prozesskosten.
2. Vorgeschaltete Waschreinigungslösungen von Lindner Washtech
Werden Kunststofffraktionen einem chemischen Recyclingprozess zugeführt, müssen sie zunächst vorbehandelt bzw. entsprechend aufbereitet werden. Während im Pre-Treatment häufig auf eine Trockenreinigung zurückgegriffen wird, weiß man heute, dass sich auch im chemischen Recycling ein geringer Reinheitsgrad unweigerlich auf die Qualität des Endprodukts auswirkt – im Fall der Pyrolyse beispielsweise auf das Pyrolyseöl. Die kompakte Nassvorwäsche von Lindner bzw. Lindner Washtech – seit mehr als zehn Jahren Qualitätsanbieter für effiziente Waschtechnologie – hat sich dabei als unverzichtbarer Stabilisator des Gesamtprozesses bewährt.
„Grundsätzlich ist die Notwendigkeit einer Nasswäsche vom Verschmutzungsgrad abhängig. Die Praxis zeigt jedoch, dass Feedstock, der mit einer kompakten Waschreinigung vorbehandelt wird, nicht nur einen effizienteren Recyclingprozess, sondern auch garantierte Durchsätze und konstante Qualitäten ermöglicht. Durch das Vorreinigen der Kunststofffraktionen entfallen im Folgeprozess aufwendige Verfahren zum Ausscheiden von Verunreinigungen – das senkt die Prozesskosten erheblich“, schildert Yannick Stanau, der bei Lindner Washtech für das Business Development zuständig ist.
Ausblick: Auch auf der IFAT Munich 2026 ein wichtiges Thema
Die Bedeutung des chemischen Recyclings nimmt weiter zu – technologisch, politisch und wirtschaftlich. Entsprechend wird das Thema auch auf der IFAT Munich 2026 wieder eine wichtige Rolle spielen. So plant beispielsweise der VDMA die Darstellung des Hydrolyse-Verfahrens auf einer Spotlight Area.
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