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Batteriebrände: Ein heißes Thema der Abfallwirtschaft

Falsch entsorgte Batterien verursachen täglich Brände in Recycling- und Sortieranlagen, in Müllfahrzeugen und auf Wertstoffhöfen. Ein Überblick über die Hintergründe und Dimensionen des Problems sowie mögliche Lösungswege.

Endnutzerinnen und Endnutzer von Batterien und batteriebetriebenen Elektro(nik)geräten sind in Deutschland gesetzlich verpflichtet, sie an den eingerichteten Sammelstellen zurückzugeben. Für lose Batterien und Akkus funktioniert dies über die im Handel bereitgestellten Altbatterie-Sammelboxen oder durch die Abgabe auf Wertstoff- und Recyclinghöfen beziehungsweise beim kommunalen Schadstoffmobil. Altgeräte mit festverbauten Akkus werden auf Wertstoffhöfen – separiert vom restlichen Elektroschrott – in eigenen Behältern gesammelt oder können im Handel retourniert werden.

Es ist demnach verboten, Altbatterien zum Beispiel im Hausmüll zu entsorgen. Tatsächlich finden sich jedoch durch Fehlwürfe oder unsachgemäße Erfassung Batterien, Akkus und batteriebetriebene Altgeräte in nahezu allen Fraktionen des Siedlungsabfalls wieder – vom Restmüll über Gewerbeabfälle bis hin zu Altpapier und Leichtverpackungen. Laut den Berichten der deutschen Rücknahmesysteme lag die Sammelquote für Gerätebatterien im Jahr 2023 bei 50,4 Prozent. Damit wurde zwar die gesetzlich vorgeschriebene Mindestquote von 50 Prozent knapp überschritten, gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass die Hälfte aller Batterien falsch entsorgt wurde.

Immer mehr Batterien im Umlauf

Zur Dimension des Problems trägt ferner der steigende Einsatz der vielseitigen Energiespeicher bei: Im Vergleich von 2022 zu 2012 hat der Verbrauch von Gerätebatterien in Deutschland um rund 49 Prozent zugenommen. Immer beliebter werden Lithium-Batterien. Die Lithium-Ionen-Akkus machten im Jahr 2022 etwa 27 Prozent aller bundesweit verkauften Batterien und Akkus aus. Hinzu kommen noch die nicht aufladbaren Lithium-Batterien mit gut drei Prozent Anteil am Gesamtbatteriemarkt.

Hinter dem Marktwachstum steht nicht zuletzt der Trend, viele Alltagsprodukte mehr oder weniger sinnvoll zu elektrifizieren: von blinkenden Schuhen über singende Geburtstagskarten bis hin zu LED-Leuchten in Flaschenböden. Ein in diesem Zusammenhang besonders problematisches Produktbeispiel sind die beliebten Einweg-E-Zigaretten. Rund 80 Millionen der akkubetriebenen „Vapes“ werden jährlich in Deutschland in Verkehr gebracht. „Viele Nutzerinnen und Nutzer wissen nicht, dass E-Zigaretten und Einweg-E-Zigaretten als Elektrogeräte gelten“, sagt Sascha Roth. Der Bereichsleiter Biomasse, Elektronik, Wasser und Digitalisierung beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e.V. (BDE) fährt fort: „Korrekt entsorgt werden sie bei den Altgeräte-Sammelstellen des Handels sowie auf Wertstoffhöfen. Sie gehören also nicht in die Sammelbehälter für Altbatterien und schon gar nicht in den Restmüll.“

Zahlreiche gebrauchte Batterien und Akkus liegen übereinander
© John Cameron/Unsplash
In Deutschland müssen gebrauchte Batterien an Sammelstellen abgegeben werden.
Viele Nutzerinnen und Nutzer wissen nicht, dass E-Zigaretten und Einweg-E-Zigaretten als Elektrogeräte gelten.
Sascha Roth
  • Bereichsleiter Biomasse, Elektronik, Wasser und Digitalisierung
  • BDE

Wieso geraten Lithium-Ionen-Batterien in Brand?

Schläge, Stöße oder Quetschungen können die innere Struktur der Batterie beschädigen. Dieser Defekt kann zu einem internen Kurzschluss führen. Die chemischen Reaktionen, die bei einem solchen Vorfall ablaufen, können sehr intensiv sein. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem „Thermal Runaway“, bei dem sich die Temperatur der Batterie schnell erhöht und sie Feuer fängt.

Die Dimension der Schäden

Nach BDE-Angaben verursachen Batterien in Fahrzeugen und Einrichtungen der Abfallwirtschaft bis zu 30 Brände pro Tag. Neben der Gefahr für Leib und Leben der Beschäftigten ist der wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen immens, manche kommen nach einem solchen Brandereignis nicht mehr auf die Beine. „Die genauen Schadenssummen lassen sich nicht beziffern, da viele Brände von den Betrieben selbst gelöscht werden, ohne die Versicherungen zu informieren. Es ist jedoch anzunehmen, dass die jährlichen Gesamtschäden in der Branche in einer mittleren dreistelligen Millionenhöhe liegen“, berichtet Dipl.-Ing. Andreas Habel, Referent beim Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse).

Es ist anzunehmen, dass die jährlichen Gesamtschäden in der Branche in einer mittleren dreistelligen Millionenhöhe liegen.
Andreas Habel
  • Referent
  • Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse)

Darüber hinaus seien auch die in der Folge steigenden Versicherungskosten für die Abfallwirtschaftsunternehmen kaum mehr zu tragen. „Mittlerweile bewerten die Versicherungen die Recyclingwirtschaft im Vergleich zu anderen brandgefährdeten Wirtschaftsbereichen – wie beispielsweise der holzverarbeitenden Industrie – mit einem fast doppelt so hohen Schadenssatzfaktor“, weiß Andreas Habel. Und Sascha Roth ergänzt: „Ohne wirkungsvolle Gegenmaßnahmen kann die Entsorgungssicherheit in Deutschland nicht länger gewährleistet werden und die Kreislaufwirtschaftsziele rücken in weite Ferne.“

Ohne präventive Maßnahmen in der Vorkette zum Recycling ist das Problem nicht vollständig in den Griff zu bekommen.
Andreas Habel
  • Referent
  • Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse)

Als technologiegestützte Reaktion auf die wachsende Gefahrenlage investiert die Abfall- und Recyclingbranche massiv in zusätzliche Brandschutzmaßnahmen. Laut einer gemeinsamen Mitgliederumfrage von BDE, bvse, VKU (Verband kommunaler Unternehmen e.V.) und ASA (Arbeitsgemeinschaft stoffspezifische Abfallbehandlung e.V.) hat sich die Zahl der automatischen Branderkennungs- und Löscheinrichtungen in der Branche seit 2018 verdoppelt. In der Folge gingen die Brandschäden in den vergangenen Jahren etwas zurück. „Der massive Rücklauf an Lithium-Batterien und batteriebetriebenen Altgeräten hat aber gerade erst begonnen und ohne präventive Maßnahmen in der Vorkette zum Recycling ist das Problem auch mit der besten Erkennungs- und Löschtechnik nicht vollständig in den Griff zu bekommen“, betont Andreas Habel.

Noch vor dem Brandereignis setzt das System BatterySort der WeSort.AI GmbH aus Würzburg an. Mit Hilfe von Röntgentransmissionstechnologie und Deep-Learning-Algorithmen werden in Recyclinganlagen einzelne Batterien sowie Geräte, die Lithium-Ionen-Akkus enthalten, in bis zu 50 cm mächtigen Abfallschichten identifiziert. Spezielle Luftdruckdüsen blasen die Störstoffe aus dem Abfallstrom aus. Anschließend werden sie in feuerfesten Containern gesammelt und können in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. Das System wurde bislang in Anlagen der Korn Recycling GmbH in Albstadt/Deutschland und der PreZero Austria GmbH in Sollenau/Österreich installiert.

Feststoffbatterien als möglicher Ausweg

„Eine mögliche, kurzfristig umsetzbare Maßnahme, um falsch entsorgte Batterien und batteriebetriebene Altgeräte schon bei der Abfallsammlung rechtzeitig und eindeutig identifizieren zu können, ist deren technische Kennzeichnung, etwa durch Radio Frequency Identification, RFID“, merkt Andreas Habel an. Diese technische Lösung sollte laut bvse in einer Machbarkeitsstudie untersucht werden.

Eine weitere, eher langfristige Lösung des Problems könnte die Entwicklung und anschließende Marktdurchdringung von Feststoffbatterien sein. Sie versprechen nicht nur eine höhere Speicherkapazität, sondern auch ein wesentlich geringeres Brandrisiko, da sie ohne einen flüssigen Elektrolyten funktionieren. Statt der entflammbaren Flüssigkeit kommt hier eine nicht brennbare Keramik zum Einsatz. Die Entwicklung der noch mit einigen technischen Herausforderungen behafteten Feststoffbatterie-Konzepte wird hauptsächlich vom Automobilsektor vorangetrieben.

Bühnenveranstaltung auf der Orange Stage auf der Umwelttechnologie-Messe IFAT Munich mit Menschen im Publikum
© Messe München GmbH

Podiumsdiskussion auf der IFAT Munich 2024

Die hier zitierten Experten Andreas Habel und Sascha Roth waren auch Teilnehmer einer Podiumsdiskussion auf der vergangenen IFAT Munich im Mai 2024 unter dem Titel „Batteriebrände im Abfall – Gefahren und Lösungsansätze zur Risikoreduzierung“. Gemeinschaftlich organisiert wurde die Veranstaltung von BDE, bvse, dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) und German RETech Partnership e.V.

Verstärkte Aufklärungsarbeit

Neben technischen Ansätzen lässt sich auch mit verstärkter Aufklärungsarbeit dem Problem entgegenarbeiten. Die Praxisleitlinie „Brandgefahr vorbeugen! – Elektro(nik)-Altgeräte mit Lithiumbatterien richtig entsorgen“ richtet sich insbesondere an die Letztbesitzer von Elektro(nik)-Altgeräten sowie an Mitarbeitende der kommunalen Sammelstellen, die diese Altgeräte entgegennehmen. Erarbeitet wurde die Publikation vom bvse, der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e.V. (BDSV) und dem Verband Deutscher Metallhändler und Recycler e.V. (VDM).

Auch die Mitglieder des BDE nehmen sich mit ihrer im Jahr 2020 gestarteten Kampagne „Brennpunkt: Batterie“ dem Thema an. Zum Maßnahmenpaket gehört eine bundesweite Aufkleberaktion. Das Ziel ist es, möglichst viele Abfallbehälter mit Warnstickern auszustatten, um Fehlwürfe zu stoppen. Bislang wurden fast zwei Millionen Tonnenaufkleber in Umlauf gebracht.

Die Einweg-E-Zigarette sollte direkt verboten werden.
Sascha Roth
  • Bereichsleiter Biomasse, Elektronik, Wasser und Digitalisierung
  • BDE

Pfandsystem und Verbot von Vapes gefordert

Deutliche Effekte versprechen sich die Branchenverbände von regulativen und ordnungspolitischen Maßnahmen. Dazu zählt ein Pfandsystem für lose und eingebaute lithiumhaltige Batterien. „Ein solches System könnte als wichtiger Baustein in einem größeren Instrumentenset zur Vermeidung von Batteriebränden beitragen“, ist sich Sascha Roth sicher. Nach der Vorstellung des Experten könnte das Pfandsystem gestaffelt aufgebaut werden. Gestartet würde mit Batterien in schnelllebigen Massenprodukten. Für große Akkus, wie etwa in Elektrowerkzeugen, müsste ein vergleichsweise hoher Pfandbetrag eingeführt werden. So könnte dann auch das Problem niedriger Sammelquoten bei Batterien und Elektroaltgeräten gelöst werden.

„Die Einweg-E-Zigarette sollte jedoch direkt verboten werden“, fordert Roth. Dass ein solches Verbot machbar sei, hätten zum Beispiel Frankreich und Belgien eindrücklich bewiesen.

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