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Industrielle Lebensmittelabfälle – mach was draus!

Die Lebensmittelmittelindustrie nimmt nicht nur die Verpackungen, sondern zunehmend auch die bei der Nahrungsmittelproduktion anfallenden Abfälle und Reststoffe ins Blickfeld einer umfassenden Kreislaufwirtschaft.

Bei der industriellen Herstellung von Lebensmitteln entstehen immer auch Nebenprodukte. So fallen in der Fleischverarbeitung beispielsweise Tiermehle und Fette an, in der Milchindustrie Magermilch und Molke und bei der Gemüse- und Kartoffelverarbeitung Reste und Schalen. Im Sinne von Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft praktiziert die Branche hier schon seit langem verschiedene Weiterverwertungsmechanismen. Zu den wichtigen Partnern zählen dabei laut der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) die Tierfutterhersteller. Sie verwenden beispielsweise Kleien und Nachmehle aus Mehlmühlen, Trockenschnitzel aus Zuckerfabriken, Molkeprodukte aus Molkereien oder auch Treber aus Brauereien. Ein weiterer klassischer Verwertungsweg für Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion ist die Energieerzeugung in Verbrennungsprozessen oder Biogasanlagen.

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Auch Lebensmittelabfälle und -reste sind wertvolle Rohstoffe

Biokunststoff aus altem Brot

Dass damit die Chancen auf ressourcenschonende Folgenutzungen und Kreisläufe allerdings noch lange nicht ausgereizt sind, zeigen aktuell viele Forschungseinrichtungen, Industrieunternehmen und Startups mit ihrer Suche nach weiteren innovativen Anwendungsmöglichkeiten. Zum Beispiel für die in Deutschland jährlich anfallenden bis zu 100.000 Tonnen Altbackwaren. Diese werden laut dem Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI bislang hauptsächlich verbrannt. „Unser Forschungsansatz hingegen besteht darin, aus altem Brot oder Kuchen die Basischemikalie Hydroxymethylfurfural – kurz HMF – und Kohle zu gewinnen“, erläutert Projektleiter Dr. Steven Eschig. HMF ist ein vielseitiger Ausgangsstoff für die Herstellung von Biokunststoffen. „Durch die Umwandlung von regional verfügbaren Altbackwaren in hochwertige Biopolymere lassen sich fossile Ressourcen und Transportwege einsparen. Als Nebenprodukt fällt Kohle an, die sich wahlweise als Biobrennstoff oder Bodendünger nutzen lässt, was diese stoffliche Verwertung zusätzlich attraktiv macht“, schildert Eschig.

Biokunststoffe zählen auch zu den Zielprodukten des im Frühjahr 2020 abgeschlossenen internationalen Projekts ValBio-3D. Dabei stellten die Wissenschaftler aus Zuckerrohr-Bagasse und Kiefernsägemehl Nanocellulose her. Dieses Makromolekül lässt sich zu Biokunststoffen weiterverarbeiten, die für den 3D-Druck geeignet sind. Außerdem kann es bei der Synthese von Bindemitteln für Holzbeschichtungen eingesetzt werden.

Altes Essen als Fleischersatz

Während die bisher genannten Recyclingprodukte die Ernährungsindustrie im engere Sinne verlassen, will ein Projekt der Hochschule Hamm-Lippstadt gemeinsam mit den Firmen Quh-Lab-Lebensmittelsicherheit und Oltmer Food Consulting zeigen, dass es möglich ist, aus regionalen Reststoffen – wie Apfel-, Zwiebel- und Karottenresten – ein essbares Produkt herzustellen. „Wir planen, mit Hilfe bestimmter Pilze Obst- und Gemüsereste, zum Beispiel aus der Saftproduktion, zu fermentieren. Mit ultraviolettem Licht wird eine in den Pilzen enthaltene natürliche Substanz zu Vitamin D2 umgewandelt. Darüber hinaus reichern Mikroorganismen das Produkt auf natürliche Weise mit B12 an und machen so die Zugabe künstlicher Vitamine überflüssig“, beschreibt Projektleiter Prof. Dr. Thomas Kirner. Es entstehe eine protein- und vitaminreiche vegane Biomasse, die man zu Fleischersatz weiterverarbeiten könne. Das Konkurrenzprodukt zum ökologisch umstrittenen Soja soll bei Geschmack, Nährwerten, Textur und „Mundgefühl“ mit tierischen Produkten konkurrieren können. Im Labor wurde diese Methode bereits erfolgreich getestet, jetzt ist die Umsetzung im Produktionsmaßstab geplant. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit 425.000 Euro.