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Die Digitalisierung als Treiber der Kreislaufwirtschaft

„Die Digitalisierung wird die heutige Kreislaufwirtschaft deutlich verändern“, ist sich Naemi Denz sicher. Laut der Geschäftsführerin des VDMA-Fachverbands Abfall- und Recyclingtechnik werden zum Beispiel digital weitergegebene Informationen dafür sorgen, dass Sekundärrohstoffe noch passgenauer designt werden können. „Die Zusammensetzung des Inputmaterials wird in Zukunft in Echtzeit analysiert und der Aufbereitungsprozess über den Output gesteuert werden. Für den Maschinen- und Anlagenbau heißt das, dass der Trend weggeht von der rein mechanischen Aufbereitung. Mess- und Analysegeräte kommen verstärkt zum Einsatz, ebenso Automatisierungskomponenten“, prognostiziert die Expertin.

© Messe München GmbH

Verpackungen sortieren mit digitalem Wasserzeichen

Ein aktuelles Beispiel für diese neue Herangehensweise ist das Projekt HolyGrail des Verbands PETCore Europe. 29 namhafte Unternehmen aus der Konsumgüter- und der Recycling-Branche haben sich dabei in den vergangenen drei Jahren darum bemüht, mit digitalen Wasserzeichen eine bessere Grundlage für die Sortierung von Plastik-Verpackungen zu schaffen. Dabei werden für das menschliche Auge unsichtbare Codes auf Etiketten, Hüllen, Folien, Beutel und Flaschen gedruckt. Entsprechende Scanner können diese lesen und so Aussagen dazu machen, aus welchem Material eine Verpackung ist und ob Lebensmittel, Kosmetik oder Waschmittel darin verpackt waren. Nach Angaben von PETCore Europe sollen sich bestehende Sortieranlagen mit dem Scanner einfach nachrüsten lassen. Als derzeit nächsten Schritt ist geplant, die neue Technologie auf einer Produktionslinie im Industriemaßstab zu testen.

Intelligente Spritzgussmaschinen und Demontageroboter

Mit Digitalisierung können weitere Prozessinnovationen ermöglicht werden. So könnten zum Beispiel digitalunterstützte Spritzgussmaschinen auf Materialschwankungen reagieren und damit rezyklierte Kunststoffe besser verarbeiten als bisher. Mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete Robotiksysteme wären in der Lage, die Demontage oder Abfalltrennung zu beschleunigen und zu verbessern. Und vor dem Hintergrund der derzeit noch hohen Transaktionskosten könnten neue digitale Markt- und Logistikplattformen helfen, Angebot und Nachfrage noch leichter zusammenbringen.

Fördern, aber auch die Risiken im Blick behalten

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) misst der Digitalisierung eine zentrale Bedeutung bei, um die großen politischen und gesellschaftlichen Umweltziele – zu denen auch eine effiziente Kreislaufwirtschaft gehört – umzusetzen. Deshalb initiierte sie in diesem Jahr ein eineinhalb Millionen Euro schweres Sonderprogramm, mit dem sie grüne Start-up-Unternehmen mit einem Schwerpunkt auf Digitalisierung fördern will. Dabei sollen laut Alexander Bonde, dem DBU-Generalsekretär, auch die Risiken digitaler Lösungen im Blick behalten werden: „Wir wollen die Digitalisierung so gestalten, dass sie hilft, Umwelt, Natur und Klima zu schützen – und nicht selbst zu mehr Verbrauch knapper Rohstoffe und Umweltbelastung führt.“

Investieren und gemeinsame Schnittstellen entwickeln

Branchen-Newcomer und ihre digitalen Ideen sind also willkommen. Und was bedeutet Kreislaufwirtschaft 4.0 für die etablierten Entsorgungs- und Recyclingunternehmen? „In erster Linie Investitionen auf allen Ebenen. Schließlich müssen die Firmen ihre Digitalisierung noch schneller und nachdrücklicher vorantreiben als bisher und sich mit neuen Mitbewerbern am Markt auseinandersetzen“, schildert Naemi Denz.

Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) ergänzt: „Reibungslose digitale Abläufe bieten den Unternehmen der Entsorgungswirtschaft die Chance zu einer noch effizienteren Zusammenarbeit. Dazu ist es allerdings wichtig, dass die Unternehmen in digitalen Abläufen zukünftig eine gemeinsame Sprache sprechen.“ Gefragt sind nach Einschätzung des BDE einheitliche Standards in der digitalen Kommunikation der Unternehmen mit ihren Kunden und hierbei vor allem aufeinander abgestimmte Schnittstellen. In diesem Zusammenhang arbeitet der Verband derzeit an der Definition einheitlicher Datenfelder zum Austausch von auftragsbezogenen Leistungsdaten (AvaL) unter Berücksichtigung der aktuell vorhandenen Kommunikationswege. „Gerade für den Mittelstand ist unser AvaL-Projekt essenziell. Wir laden alle Unternehmen der Branche ein, diese Schnittstelle gemeinsam weiterzuentwickeln“, betont Peter Kurth.