Zu den traditionellen Stärken jeder IFAT Munich zählt das umfangreiche, hochqualitative Veranstaltungsprogramm aus Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Vorführungen und Lösungstouren. Hier fünf Beispiele aus den fünf Messetagen 2024.
Die IFAT Munich 2024 in Zahlen: Rund 142.000 Besucher trafen auf 3.211 Aussteller, deren Stände zusammen eine Fläche von 300.000 Quadratmetern auf dem Münchner Messegelände belegten. Darüber hinaus spulte sich bei der Weltleitmesse für Umwelttechnologien zwischen dem 13. und 17. Mai ein Veranstaltungsprogramm mit 418 Einzelveranstaltungen ab. „In den Vorträgen, Diskussionsrunden, Präsentationen, Live-Demos und Lösungstouren fand sich so gut wie jedes Thema wieder, das die Branche derzeit bewegt“, ist sich Stefan Rummel sicher. Der Messegeschäftsführer fährt fort: „Dieses gemeinsam mit unseren Partnern organisierte, gewaltige Informationsangebot gehört zu den essentiellen Qualitätsmerkmalen der IFAT Munich.“ Im Folgenden einige Schlaglichter zu jeweils einer Veranstaltung der fünf Messetage.
In der Textilindustrie zeichnet sich die Einführung gesetzlicher Vorgaben ab, die die Hersteller für den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte in die Pflicht nehmen – also auch zu einer Kreislaufführung nach der Nutzungsphase. Über Aspekte dieser Extended Producer Responsibility (EPR) für Textilien diskutierte am Auftakttag der IFAT Munich Jonas Stracke, der Leiter Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e.V., mit zwei Branchenexpertinnen. Dr.-Ing. Julia Hobohm steuerte als Geschäftsführerin des Gemeinsamen Rücknahmesystems Batterien ihre Erfahrungen aus einer bereits langjährig etablierten EPR bei. Ihrer Meinung nach hat die Textilindustrie den Vorteil, dass es schon ein allgemein bekanntes und akzeptiertes Sammelsystem für Altkleider gibt. „Aber das, was danach kommen soll, ist unklar und eine entsprechende Infrastruktur muss aufgebaut werden“, so Hobohm.
Als Vertreterin der Recyclingbranche fungierte Julia Haas, Projektmanagerin Business Development bei der Interzero Circular Solutions Germany GmbH. Sie unterstrich: „Es ist wichtig, schon vor einer kommenden Gesetzgebung – also am besten ab heute – branchenübergreifend eine Blaupause für ein Textil-EPR zu erarbeiten.“
Am 14. Mai diskutierte Dr. Franziska Brantner, die Parlamentarische Staatssekretärin des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, mit führenden Vertretern zentraler Wirtschaftsverbände über die Zusammenhänge zwischen Kreislaufwirtschaft und Rohstoffpolitik. Unter der Moderation von Julia-Niharika Sen, bekannt als eine der Sprecherinnen der Tagesschau, kamen sowohl nationale als auch internationale Aspekte zur Sprache. Die Themenspannbreite reichte von den hohen Erwartungen in die Einführung eines Digitalen Produktpasses über sinnvolle Schadstoffgrenzwerte in Sekundärrohstoffen bis hin zu den Chancen deutscher und europäischer Umwelttechnologien auf den Weltmärkten. Für Franziska Brantner stand dabei generell fest: „Eine Rohstoffstrategie ohne Kreislaufstrategie ist sinnlos!“ Ihre Gesprächspartner waren Karl Haeusgen, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Holger Lösch, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dr. Markus Steilemann, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) und Dr. Johannes F. Kirchhoff, Vorsitzender des IFAT Munich Executive Boards.
Die Europawahl am 9. Juni 2024 war ein Anlass, auf der IFAT Munich über den Status und die Perspektiven des European Green Deals zu reflektieren. Dazu diskutierten am 15. Mai Aurel Ciobanu-Dordea, der Direktor für Kreislaufwirtschaft bei der EU, der tschechische Umweltminister Petr Hladík sowie Manfred Weber, Europaabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei. Die Experten waren sich einig: Nachdem die gesetzlichen Vorgaben stehen, muss jetzt dringend eine ökonomisch tragfähige Umsetzung folgen. “We must make a deal out of the Green Deal“, brachte es Weber auf den Punkt. Dabei sei es auch wichtig, dass der Rest der Welt dem europäischen Vorbild folge.
Neben dem Green Deal thematisierte die Runde weitere aktuelle, ökonomisch wie ökologisch relevante EU-Initiativen wie den „Critical Raw Materials Act“ und das „Right to Repair“.
Der Messe-Donnerstag war unter anderem der Tag der resilienten Kommunen – organisiert vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), der Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden. Der Thementag startete mit einem gemeinsamen Auftaktpanel. Dessen Keynotes und Impulsvorträge lieferten ein breites Spektrum an Fachbotschaften. So rechnete beispielsweise Bernd Düsterbeck vom Deutschen Städte- und Gemeindebund vor, das klimafolgenbedingte Schäden in Deutschland seit dem Jahr 2000 mindestens sieben Milliarden Euro gekostet hätten. Demgegenüber hätten die Kommunen in den vergangenen Jahren jährlich durchschnittlich eine Milliarde Euro in Klimaanpassungen investiert. Thomas Abel vom VKU ist sich sicher, dass für eine zukunftsfeste und resiliente Wasserwirtschaft zusätzliche Kosten auf die Wasserver- und Abwasserentsorger zukommen. Nicht zuletzt deshalb werden die Entgelte seiner Einschätzung nach zukünftig steigen müssen.
Laut Dr. Miriam Haritz vom Bundesumweltministerium bietet der Bund diverse Unterstützungsleistungen – zum Beispiel durch die im Februar 2024 veröffentlichte Förderrichtlinie „Natürlicher Klimaschutz in Kommunen“ oder das zwischenzeitlich – zum 1. Juli 2024 – in Kraft getretene Klimaanpassungsgesetz.
Für eine wassersensible Stadtentwicklung ist ein interdisziplinärer Ansatz unerlässlich, was nach den Erfahrungen von Ekkehard Pfeiffer von der DWA in den bestehenden kommunalen Verwaltungsstrukturen noch schwer umzusetzen ist.
Peter Frenz vom DVGW nahm in seinem Vortrag die Aufgaben und Probleme beim Risikomanagement und dem Schutz kritischer Infrastruktur gerade für kleinere Wasserversorgungsunternehmen in den Blick. Eine seiner Aussagen: „Um Risiken wirksam begegnen zu können, muss Risikomanagement zukünftig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben entlang der gesamten Wertschöpfungskette durchgeführt werden – und nicht nur in Teilbereichen wie Cybersicherheit.“
Mit den Vorträgen des visionären Oxford-Professor Ian Goldin und des internationalen Stararchitekten Daniel Libeskind ermöglichte die IFAT Munich 2024 am letzten Messetag ergänzende Perspektiven auf unsere zukünftige Lebenswelt – auch vor dem Hintergrund des Klimawandels. Prof. Goldin, Vordenker bei den Themen Globalisierung und Entwicklung, unterstrich dabei: „Städte sind die effizientesten Orte der Welt, viel effizienter als ländliche Regionen. Die ökologische Lösung für die Welt besteht darin, die Städte dort, wo sie sind, noch effektiver zu machen!“
Daniel Libeskind führte mit der Präsentation einiger seiner weltbekannten Projekte, wie dem One World Trade Center in New York oder dem Jüdischen Museum in Berlin, in seine Gestaltungskonzepte ein. Dazu zählen unter anderem die bauliche Verdichtung zugunsten einer grünen, lebenswerten Umgebung, das Schaffen von attraktivem, bezahlbarem Wohnraum sowie die Förderung von zwischenmenschlichem Kontakt und Gemeinsinn.