Flüssigstreuung mit Sole gilt als umweltfreundlich und kostensparend. Haftungsfragen sind nach wie vor von großer Bedeutung.
Erste Januarhälfte 2019: Innerhalb von 48 Stunden fällt in Bayrischzell über ein Meter Neuschnee. Der heftige Wintereinbruch erwischt auch die Verantwortlichen im Winterdienst der schneeerprobten Voralpenregion buchstäblich kalt. Räumdienstexperte Martin Storr erinnert sich: „Wir haben im Prinzip sechs aufeinanderfolgende Zwölfstunden-Schichten gefahren, um die Straßen freizubekommen. Wir mussten ständig umdisponieren und nach Maßgabe des Straßenverkehrsamtes entscheiden, welche Streumittel-Kombination wir einsetzen.“ Für den Einsatz von Streusalz im Winterdienst gilt bekanntlich schon lange die Devise: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Getreu diesem Motto setzen sich bei den großen Streufahrzeugen für den Winterdienst mehr und mehr Kombilösungen durch. Sie verbinden in einem Fahrzeug die ansonsten alternativ eingesetzten Techniken Sole- beziehungsweise Feuchtsalzstreuung. Bei massiver Eisbildung oder hohem Schneeaufkommen und sehr niedrigen Temperaturen sei das stark wirksame Feuchtsalz nach wie vor das Mittel der Wahl, so der Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). Um Glätte vorzubeugen und bei geringer Luft- und Fahrbahnfeuchtigkeit aber liefere das Versprühen der kostengünstigen und umweltschonenden Sole exzellente Ergebnisse.
Die Pluspunkte des bedarfsorientierten Einsatzes von reiner Sole überzeugen: Sie spart zwischen 20 und 50 Prozent im Vergleich zur Feuchtsalzstreuung ein. Durch die geringeren Salzfrachten werden auch die Schäden am Straßenbegleitgrün reduziert – ebenso wie die Salzgehalte im abfließenden Schmelzwasser, das in die Kanalisation wandert.
Gerätehersteller wie die Firma Bucher municipal bieten in diesem Zusammenhang interessante Neuerungen an. Zum einen Technologien, um reine Sole auf einer Breite von bis zu 12 Metern gleichmäßig auf Straßen zu verteilen. Zum anderen Streuautomaten für gängige Kleingeräteträger und Kompaktkehrfahrzeuge, um Glätte auf schmalen Straßen, Geh- und Radwegen vorzubeugen. Die Behälter dieser reinen Flüssigstreuer werden aus hochresistentem HD-PE (High Density Polyethylen) gefertigt und dem jeweiligen Trägerfahrzeug in verschiedensten Formen und Größen angepasst.
Ein zweiter wichtiger Trend im modernen Winterdienst ist der Einsatz leistungsfähiger digitaler Technik. Auch wenn die Wettervorhersagen immer besser und genauer werden: Manchmal ist „Frau Holle“ launisch und unberechenbar. Gut, wenn man sich dann auf die schnelle und sichere Alarmierung seiner Einsatzkräfte verlassen kann. So bietet der Hersteller Blueworld ein System an, um mit dem im Winterdienst eingesetzten Personal zu kommunizieren und Einsätze zu koordinieren. Es besteht aus einer webbasierten Einsatzzentrale und einer beliebigen Anzahl von mobilen Geräten. Das System leistet gute Dienste im Winter, kann aber im Sommer genauso gut für die Straßenreinigung und zwischendurch für die Sperrmüllentsorgung eingesetzt werden. Mit ihm lässt sich die Position der Fahrzeuge in Echtzeit ermitteln; die Berichterstattung über die Einsätze erledigt das System automatisch.
Immer wieder auch in der Diskussion beim Winterdienst: Wer haftet „im Falle eines Falles“? Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) lässt in § 823 Abs. 1 keine Zweifel: „Der Eigentümer muss sein Grundstück so reinigen, dass fremde Dritte nicht aufgrund einer Verschmutzung oder aufgrund von Eis und Schnee zu Schaden kommen.“ In einer alternden Gesellschaft wie der unseren überlassen Privatleute den Winterdienst daher mehr und mehr professionellen Dienstleistern, die im „Rund-um-Sorglos-Paket“ auch die Haftungsübernahme anbieten. „Tatsächlich stellt die Rechtsprechung sehr hohe Ansprüche an den Winterdienst“, erläutert Dr. Achim W. Schröter, stellvertretender Geschäftsführer der VKU-Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit. Mit der Organisation und der Durchführung des Winterdienstes seien verschiedenste haftungsrechtliche Risiken verbunden, so der Experte. Zu beachten seien auch arbeitsrechtliche Vorgaben beim Einsatz des Winterdienstpersonals. Schröter empfiehlt daher: „Wer hinreichende Sicherheit bei der Organisation und Durchführung des Winterdiensts gewährleisten will, sollte sich regelmäßig über die aktuelle Rechtsprechung informieren.“