Die Wasserversorgung in Deutschland gilt als sicher und hochwertig, obwohl Verschmutzungen durch Nitrat und andere Rückstände die Wasseraufbereitung vor Herausforderungen stellen. Weltweit betrachtet ist die Situation allerdings nach wie vor regional äußerst angespannt. Doch es gibt auch Gegenbeispiele: Dort konnte der Wasserknappheit erfolgreich der Kampf angesagt werden.
Was ein Zuviel an Wasser bedeutet, haben die Venezianer vor wenigen Wochen leidvoll erfahren müssen. Im regenarmen Sommer 2018 hingegen konnten wir erleben, wie schnell Wasserknappheit auch in unseren Breiten zu Einschränkungen führen kann. Deutschland ist in einer vergleichsweise komfortablen Situation. Es zählt zu den wasserreichen Ländern der Erde, und seine Wasserversorgung nimmt weltweit einen Spitzenplatz ein. Trinkwasser gehört hierzulande zu den am besten kontrollierten Lebensmitteln überhaupt. Trotzdem warnt DWA-Präsident Prof. Dr. Uli Paetzel: „Die Anliegen der Wasserwirtschaft müssen deutlich stärker öffentliche Berücksichtigung finden.“ Das Statement des Präsidenten der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) kommt nicht von ungefähr, es zielt auf Verschmutzungen durch Nitrat, Arzneimittelrückstände und Pflanzenschutzmittel sowie die fortschreitende Klimaerwärmung. „Entscheidend ist, dass die Politik klar Stellung dazu bezieht, welchen gesellschaftlichen Wert Trinkwasser als Standortfaktor für die Wirtschaft, aber auch als Garant für Lebensqualität hat“, unterstreicht auch Dr. Dirk Waider, Vizepräsident des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW).
In puncto Nitratbelastung des Grundwassers und der Böden sind sich alle Wasserverbände einig: Sie ist zu hoch. Als Hauptverursacher dafür ist nach Einschätzung führender Experten die intensive Landwirtschaft mit Massentierhaltung und Düngeüberschüssen anzusehen. Deutschland steht deshalb auf dem Prüfstand bei der EU. Im Detail werden derzeit von der EU-Kommission Vorschläge zur Verschärfung der Düngeverordnung geprüft, die das Bundesumwelt- und das Bundeslandwirtschaftsministerium Ende September 2019 nach Brüssel geschickt haben. „Noch ist es allerdings nicht gelungen, die wirtschaftlichen Interessen der Bauern mit der überragenden Bedeutung von Trinkwasser für den Gesundheitsschutz und die Lebensqualität in Einklang zu bringen", kritisiert DVGW-Vizepräsident Jörg Höhler.
Nach der Trinkwasserverordnung ist eine Nitratkonzentration von bis zu 50 Milligramm pro Liter zulässig und als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Dem Nitratbericht der Bundesregierung zufolge aber wiesen rund 50 Prozent der Grundwassermessstellen zwischen 2012 und 2014 erhöhte Nitratkonzentrationen auf, bei 28 Prozent lagen sie sogar über dem zulässigen Grenzwert.
Wie reagieren die Wasserversorger auf diese Situation? Die Stadtwerke Osnabrück beispielsweise verfolgen einen zweigleisigen Kurs. Zum einen werden langjährige Kooperationsmodelle mit der Landwirtschaft geschlossen. Das heißt, die Stadtwerke erwerben Ackerflächen rund um die Wasserwerke und verpachten sie an Bauern, die zu Grünlandwirtschaft und Ökolandbau verpflichtet werden. Zum anderen setzen die Stadtwerke auf technische Lösungen wie Nanofiltration, die in der Lage ist, Nitrat aus dem Wasser herauszufiltern. Inwieweit eine flächendeckende Verbesserung der Situation in absehbarer Zeit eintreten wird, bleibt allerdings abzuwarten, auch wenn seitens der Wasserversorger viel getan wird.
So investierten die deutschen Trinkwasserversorger im Jahr 2017 rund 2,7 Milliarden Euro in die Instandhaltung ihrer Anlagen sowie in den Ausbau und die Erneuerung ihrer Infrastruktur. Einen großen Anteil (63 Prozent) brachten die Versorgungsunternehmen der Wasserwirtschaft für Anlagen und Rohrnetze auf. Rund 21 Prozent der Investitionssumme wurden für Wassergewinnung, -aufbereitung und -speicherung aufgewendet. Die restlichen 16 Prozent verteilten sich auf Zähler, Messgeräte, IT und sonstige Anschaffungen.
Handlungsbedarf besteht nach wie vor auch hinsichtlich anderer Gewässerverunreinigungen.
Dieser Haltung schließt sich auch der VKU an. In einem Positionspapier des Verbands kommunaler Unternehmen heißt es: „Weniger ist mehr für alle: Arzneimittel sind an der Quelle zu reduzieren.“ Wie aber sehen die möglichen Folgen für unsere Gesundheit aus? Wenigstens diesbezüglich gibt der DVGW Entwarnung: „Über pharmazeutische Produkte, Haushaltschemikalien oder Düngemittel gelangen Rückstände kontinuierlich in die Umwelt und dadurch auch in die Gewässer. Nach heutigem Kenntnisstand ist die Konzentration der nachgewiesenen Stoffe für den Menschen unbedenklich.“
So drängend die geschilderten Probleme in Deutschland auch sein mögen – gemessen an der globalen Situation wirken sie überschaubar und lösbar. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO haben rund 785 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und rund zwei Milliarden Menschen nutzen Trinkwasserquellen, die mit Fäkalien belastet sind. Schon vom Jahr 2025 an wird die Hälfte der Weltbevölkerung in Gebieten mit Wassermangel leben, so die WHO.
Zu den Top Ten der wasserarmen Länder dieser Erde gehört Malta. Allein durch das Management von Lecks in Rohrleitungen konnte der kommunale Wasserverbrauch dort um 40 Prozent im Vergleich zu 1992 verringert werden. Wie in Israel wird Trinkwasser auf Malta auch durch Meerwasserentsalzung gewonnen. Manuel Sapiano, leitender Beamter in der maltesischen Energie- und Wasserbehörde, erklärt dazu: „Die ‚Produktion‘ von Süßwasser ist für uns leider ein Muss.“ Der hohe Energiebedarf für das Erzeugen von Süß- aus Meerwasser konnte innerhalb der letzten zehn Jahre glücklicherweise mehr als halbiert werden, ergänzt Sapiano. Dank dieser und anderer Maßnahmen wie beispielsweise Wasserrecycling in der Landwirtschaft, wo Brauchwasser zur Bewässerung eingesetzt wird, könne die Trinkwasserversorgung in dem dichtbesiedelten Land mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 110 Litern pro Tag sichergestellt werden. Zum Vergleich: In Deutschland liegt er im langjährigen Mittel bei 121 Litern pro Tag, abgesehen vom Trockenjahr 2018, als er auf 127 hochschnellte.
Erstmals in der Geschichte werden im Jahr 2050 über 50 Prozent der Menschheit – rund 6,4 Milliarden Menschen – in urbanen Gebieten leben. Diese Prognose nahm die „International Water Association“ (IWA) 2016 zum Anlass, das global ausgerichtete Konzept der „Water Wise Cities“ ins Leben zu rufen. Es bedeutet im Kern, dass die teilnehmenden Städte ihr Verhalten in Sachen Führungskultur, Governance-Regeln, beruflicher Qualifizierung sowie eingesetzter Technik an den Zielen der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen ausrichten. Weltweit gehören mittlerweile ein gutes Dutzend Städte diesem Zusammenschluss an, darunter Metropolen wie Berlin, Melbourne, Tokio oder Paris.
In Dakar, ebenfalls Mitglied der Vereinigung, arbeiten seit Ende 2013 mehrere Initiativen mit Erfolg daran, die Wassersituation der senegalesischen Hauptstadt zu verbessern: Regenwasser- und Klimaanpassungsprojekte gehören ebenso dazu wie zwei neu gegründete Organisationen, die sich speziell darum kümmern, die Stadt sicher mit Trinkwasser zu versorgen, beziehungsweise Abwässer und Klärschlämme geordnet zu entsorgen.
Bereits seit 2018 existiert auch eine Deutsch-Indische Zusammenarbeit im Rahmen des indischen "100 Smart Cities-Programms". Aktuell fehlen in indischen Städten rund 19 Millionen Wohneinheiten, lediglich ein Drittel der städtischen Haushalte ist an ein zentrales Abwassersystem angeschlossen. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden derzeit die drei Städte Bhubaneswar, Kochi und Coimbatore unterstützt. Konkret will das Programm, das noch bis 2021 läuft, in den drei Orten helfen, angemessenen Wohnraum zu schaffen, die Menschen mit Trinkwasser- und Sanitäranlagen zu versorgen sowie das Reinigen der Abwässer und die Abfallentsorgung zu verbessern. Die operative Abwicklung des Projekts liegt in den Händen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).