IFAT | Was ist in Ihrem Geschäftsfeld in der Corona-Pandemie die größte Herausforderung?
Rethmann | Die Kreislaufwirtschaft ist in Zeiten der Pandemie zu Recht von offizieller Seite zu einem systemrelevanten Bereich des Wirtschaftsgeschehens erklärt worden. Im Zuge der Krise zeigt sich – für viele erstaunlich überraschend - die große Bedeutung eines reibungslosen und hygienisch einwandfreien Umgangs mit den Hinterlassenschaften unserer Industriegesellschaft. Die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Abfällen sowie die anschließende Rückführung der Recyclingrohstoffe in den Produktionskreislauf gehören zu den Eckpfeilern des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der industriellen Produktion gleichermaßen. Diese miteinander eng verzahnten Recyclingprozesse unter allen Umständen am Laufen zu halten, gehört zu den größten Herausforderungen der Branche.
Vor allem auf Seiten der Erfassung und Sortierung gilt es daher, den funktionierenden Betrieb durch besondere hygienische Maßnahmen sowie zeitliche und wenn möglich auch räumliche Trennung abzusichern.
IFAT | Welche Chancen sehen Sie in Ihrem Geschäftsfeld in dieser Krise?
Rethmann | Ob sich aus der globalen Pandemiekrise langfristig auch Chancen für unsere Branche ergeben, hängt im Wesentlichen von den politischen Weichenstellungen auf nationaler und EU-Ebene ab. Das Coronavirus wird voraussichtlich wie alle Pandemien der letzten Jahrhunderte nach einer gewissen Zeit, im Schnitt etwa zwei Jahre, wenn auch nicht verschwinden, so aber doch in den Hintergrund treten. Spätestens dann wird sich zeigen, dass das wesentlich größere und langfristig bedrohlichere Problem der Klimawandel bleibt. Wir sind daher klug beraten, die Investitionen in die Stützung unserer Wirtschaft gezielt in Richtung einer nachhaltigeren Produktion zu lenken. Recycling leistet bereits heute einen ganz erheblichen Beitrag zur Ressourcen- und Klimaschonung. Diesen Effekt gilt es noch zu verstärken. Wir setzen uns daher für eine unverändert konsequente Umsetzung des Europäischen Green Deals ein. Darin liegt die größte Chance für unsere Branche, den Klimaschutz und die Zukunft der europäischen Wirtschaft als Ganzes.